Vom Unternehmen ausgestellte Zeugnisse sind deshalb in der Regel eher vage und diskret, wenn es darum geht, Aufgaben und Erfolge zu beschreiben (oder geschäftliche Misserfolge und Missstände, die der Manager dankenswerterweise bereinigt hat). Selbstverfasste Zeugnisse verraten sich hingegen durch große Detailfreude bis hin zur Geschwätzigkeit. Der klassische Selbstbeurteiler nimmt wenig Rücksicht auf den Wunsch seines Arbeitgebers nach Diskretion und verrät sich damit selbst.
Länge ist relativ
Grundsätzlich gilt: Je länger das Zeugnis, desto geringer die Chance, dass es tatsächlich gelesen wird. Außerdem kann der Umfang des Zeugnisses ein weiterer verräterischer Indikator für Selbstverfasstes sein. Die Länge muss der Dauer und der Bedeutung der Tätigkeit angemessen sein. Ein dreiseitiges Zeugnis zu einem einjährigen Kurzgastspiel in den unteren Gefilden der Unternehmenshierarchie ist unangemessen lang. Ein einseitiges Zeugnis zu einer achtjährigen Geschäftsführung ist unangemessen kurz.
Eine weitere Maßgröße im Zusammenhang mit Textumfang und Detaillierungsgrad ist die Ausgewogenheit: Das Verhältnis zwischen Aufgabenbeschreibung und Beurteilung soll wohlproportioniert sein. Hat ein Manager während der Dauer seiner Firmenzugehörigkeit eine einzige Funktion ausgeführt, sollte die Aufgabenbeschreibung nicht länger sein als der Rest des Zeugnisses (Beurteilung und Schlussabsatz). Oder andersherum: Die Beurteilung mit Schlussabsatz sollte nicht deutlich kürzer sein als die Aufgabenbeschreibung. Sollte das Zeugnis zwei Stationen beschreiben, die nacheinander oder parallel zueinander ausgeübt worden sind, dann darf die Aufgabenbeschreibung entsprechend länger ausfallen — also ca. zwei Drittel zu einem Drittel.
Man wird im Zeugnis nie so viel zu den eigenen Aufgaben und Erfolgen schreiben können, wie man eigentlich möchte. Dieses ist aber kein Problem, denn man kann alle Details, die im Zeugnistext aus Gründen der Glaubwürdigkeit wegzulassen sind, im eigenen Lebenslauf ausführlicher darstellen. Der Leser wird diese Angaben nicht von vornherein in Zweifel ziehen, wenn sich im Zeugnis keine entsprechenden Details hierzu finden.
Kann man im Lebenslauf die Details der eigenen Aufgabenbeschreibung problemlos an die jeweilige Bewerbungssituation anpassen, ist dieses beim Verfassen des eigenen Zeugnistextes schwierig, denn dazu müsste man antizipieren, welche Details der bisherigen Aufgabe in der zukünftigen Bewerbungssituation wirklich interessant sein werden.
Die ausrichtung des Zeugnisses auf den zukünftigen Job
Man erleichtert es sich, die richtigen Akzente zu setzen, wenn man eine klare Vorstellung vom zukünftigen Job entwickelt hat, bevor man den eigenen Text entwirft. Denn dann kann man sich sehr genau überlegen, welches die besten Voraussetzungen für diesen angepeilten Job sind und dafür sorgen, dass diese Voraussetzungen in der Beurteilung des eigenen Zeugnisses auftauchen. Mit anderen Worten: Man verfasst den eigenen Zeugnistext besser mit Blick auf die Aufgabe, die man anstrebt, als mit dem Ziel, eine neutrale, objektive Beschreibung des Bisherigen abzuliefern. Das tun zu können, ist einer der wenigen Vorteile, die man hat, wenn man sein Zeugnis selbst verfassen darf — vorausgesetzt natürlich, die Faktenlage gibt das her.
Deswegen erstellen wir auch immer erst dann die Zeugnisentwürfe für unsere Kunden, wenn ganz klar definiert ist, was unser Kunde zukünftig tun will.